Band 3 – Leseprobe Kapitel 2 und 9
(2) Die neue Partnerin vom Ex
Max schwärmte weiter von den Vorzügen seiner neuen Partnerin. Alle anderen aßen schweigend ihren Kuchen. Renate nahm ihre Tasse und stand vom Tisch auf. Es war sowieso nicht genug Platz für alle. Sie wollte mal schauen, was die tolle Stefanie so macht und schlenderte zum Wasserspielplatz, wo Mert und sie sich inzwischen vergnügten.
Als Renate auf Stefanie zuging, hatten die beiden Frauen sofort Blickkontakt. „Darf Mert sich nass machen? Oder hat seine Mutter etwas dagegen?“, fragte Stefanie. „Klar darf er sich nassmachen. Wir sollten ihm nur die Schuhe ausziehen, sonst sind die nicht mehr zu gebrauchen“, antwortete Renate. Sie setzten das Kind auf einen großen Stein und jede „Oma“ zog einen Schuh aus. Danach rannte Mert wieder zum Wasser. „Planschen ist das Höchste für ihn“, sagte Renate. „Wie gut, dass er im August Geburtstag hat.“ Stefanie war schon wieder bei dem Kind, um es zu beaufsichtigen und so konnte sich Renate genüsslich in den Schatten setzen und dem Treiben zusehen.
Es sah nicht so aus, als würde sich Stefanie nur um das Kind kümmern, damit sie sich in die Familie einschleimen kann. Renate ärgerte sich über ihren bösen Gedanken. Aber irgendeinen Haken musste es an ihr ja geben, sonst würde sie sich nicht auf Max einlassen, dachte Renate weiter. Ob sie wusste, wie er über sie sprach, wenn sie nicht dabei war? Als Trophäe? Sie ging wirklich aufmerksam mit Mert um. Bestimmt hatte sie selbst Kinder. Gerne würde Renate sie näher kennenlernen, sah jedoch kaum eine Gelegenheit, bei der Max nicht dabei wäre. Vielleicht ergab sich ja mal ein zufälliges Gespräch bei einer Feier. Stefanie war ihr sympathisch, keine Frage. Eine gestandene Frau. Optisch war sie derselbe Typ wie Renate, blond, halblange Haare, frauliche Figur. Was sie wohl beruflich machte? Ob sie noch arbeitete? Es war ein Mittwochnachmittag, wahrscheinlich arbeitete sie nicht mehr, denn sie würde sich ja nicht einen Tag Urlaub für den Kindergeburtstag ihres Stiefenkelkindes in spe nehmen. Nun weinte Mert, weil ihm ein anderes Kind seinen neuen Geburtstags-Bagger abnehmen wollte. Stefanie löste das geschickt und erklärte dem anderen Kind, dass man an seinem Geburtstag seine Geschenke nicht teilen muss. Das verstand der andere Junge und Mert strahlte auch. Wahrscheinlich würde er sich das bis an sein Lebensende merken.
Würde es Renate etwas ausmachen, wenn Max wieder heiratete? Ganz und gar nicht. Je eher er liiert war, desto weniger verpflichtet fühlte sie sich. Gut, dass die Scheidung und der Verkauf ihres Hauses bereits geregelt waren. Sie hatte sich schon gewundert, dass alles so problemlos verlaufen war. Jetzt kannte sie den Grund. Ob Stefanie schon wusste, dass Max ihr einen Antrag machen wollte?
Plötzlich plärrte Mert laut und eindringlich. Seine Mutter rannte bereits quer über den ganzen Platz. Der Kleine war aufs Gesicht gefallen und sein Mund blutete. Jana hatte ihn auf den Arm genommen und ging zu Renate in den Schatten. Es war offensichtlich nur die Lippe. „Hoffentlich ist es kein Zahn“, sagte sie. Stefanie kam hinzu. „Lass mich mal schauen.“ Nun stellte sich heraus, dass sie Zahnärztin war. Jana wusste das offensichtlich. Ob sie öfter mit Max und ihr Kontakt hatte?
(9) Zieht Malene in die Schweiz?
Auch Malene sehnte sich seit neuestem nach einer festen Beziehung. Sie lebte seit mehr als zwanzig Jahren allein und eine neue Partnerschaft hatte sie auf ihre Löffelliste nicht aufgenommen. Eigentlich hatte sie ja eine Streichliste kreiert, weil sie all die alten Wünsche strich, die nun in ihren späteren Jahren nicht mehr wichtig waren. Da waren ihr zwei Fehleinschätzungen unterlaufen. Als Erstes hatte sie den Wunsch gestrichen, einmal längere Zeit im Ausland zu leben und jetzt war sie seit zwei Jahren als Au-Pair-Oma in der Schweiz. Und als Zweites hatte sie eine erneute Partnerschaft für sich ausgeschlossen. Nun kam dieser Wunsch doch noch einmal auf.
„Aber die Männer in meinem Alter sind entweder verheiratet oder komisch“, sagte sie beim Walken zu Renate. „Du hast ja selbst erzählt, wie dein Ex über seine zukünftige Frau gesprochen hat“, fuhr sie fort. „Ja, als ‚guten Fang‘ und wahrscheinlich meinte er auch als qualifiziertes medizinisches Fachpersonal für den Fall, dass er mal Pflege braucht“, lachte Renate. „Nein, das ist nicht die Form von Beziehung, die ich mir vorstelle. Das müsste schon eine auf Augenhöhe sein“, sagte Malene. „Max kommt sich sehr entgegenkommend vor, weil er sich herablässt und putzt. Er hat ja den ganzen Tag nichts zu tun und Stefanie arbeitet noch dieses Jahr. Ab nächstem Jahr müssen die zwei sich auch umstellen.“ Malene sagte nichts dazu. Ihr war es nicht vergönnt gewesen, mit ihrem Mann alt zu werden.
„Unternimmst du irgendetwas um jemanden kennenzulernen?“, fragte Renate. „Online oder so?“ Malene schüttelte den Kopf. „Du, ich bin so viel unterwegs, im Chor, im Ehrenamt, im Kirchenbeirat, ich gehe auch regelmäßig ins Kino. Wenn mir das Leben einen Partner an die Seite stellen möchte, dann hat es viele Möglichkeiten.“ Das stimmte natürlich. „Bist du eigentlich noch in deinem Französischkurs?“, fragte Malene. „Leider nein, die Leiterin hat aufgehört und danach hat sich der Kurs mehr oder weniger aufgelöst. Warum fragst du?“ „Weil mir eingefallen ist, dass du doch mal allein in Nizza Urlaub machen wolltest. Ist das noch aktuell?“ „Im Moment nicht. Ich denke eher an Mallorca oder an den Lago Maggiore. Willst du mitfahren?“ „Schweiz? Warum nicht. Ich habe in der Schweiz jemanden kennengelernt. Aber ich weiß nicht recht. Ganz hinziehen kann ich mir nicht vorstellen.“ „Aha. Das sind ja interessante Neuigkeiten. Erzähl mal!“, sagte Renate.
Malene war im letzten Sommer von einem Hotelgast namens Paul umgarnt worden und die beiden hatten sich ineinander verliebt. Sie waren im selben Alter, ungefähr siebzig Jahre, sie liebten beide die Natur, die Schweizer Bergwelt und das bodenständige Leben. Gemeinsam hatten sie viele Bergtouren miteinander erlebt und man sagt ja, wenn ein Paar wissen will, ob es zusammenpasst, sollte es drei Tage miteinander wandern gehen. Diesen Test hatten sie bestanden. Paul meinte es ernst mit Malene und Malene meinte es ernst mit Paul. Aber wie sollte das gehen? Er hatte sie gefragt, ob sie nicht zu ihm ziehen wollte. Deshalb hatte Malene ihren Aufenthalt in der Schweiz im Herbst um zwei Monate verlängert. Das war in der Zeit gewesen, bevor Hanne krank wurde. Aber Malene wäre sowieso zurückgekommen. Sie brauchte Abstand, um sich endgültig entscheiden zu können.
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