(2) Was erleichtert Ihre Entscheidung?

Beruflich neu anfangen - und es sich möglichst leicht machen

Kapitel 2 – BERUFLICH NEU ANFANGEN – und es sich möglichst leicht machen

Dieser Frage nähern wir uns am besten über das Gegenteil:

Was erschwert Ihre Entscheidung?

Das ist schnell gesagt: Ein Job bei einer Firma, die alle toll finden und der gut bezahlt ist, macht es einem nicht leicht, ihn aufzugeben. Auch wenn man im Grunde weiß, dass man nicht glücklich ist und sich das auch nicht ändern wird.

Man ist ja nicht immer unglücklich. Nach dem Urlaub ist es besser. Dienstags ist es oft besser als montags. Ab Donnerstag wird es besser, weil das Wochenende lockt.

Aber was erleichtert nun die Entscheidung?

  • Wenn es einen Vorfall gibt, der wirklich alles Bisherige toppt!
  • Wenn man öffentlich bloßgestellt wird.
  • Wenn man sich verliebt und in eine andere Stadt ziehen möchte.

Diese drei Gründe sind die Klassiker, warum es Menschen leichtfällt, zu gehen. Manche gehen trotzdem erst dann, wenn sie krank geworden sind.

Viele kündigen auch nur innerlich und suchen sich währenddessen etwas Neues. An dem zweigleisigen Vorgehen ist nichts falsch, schließlich geht es ja um die Existenzgrundlage. Nur wenn die Entscheidung halbherzig und mit Hintertürchen getroffen wird, dann gibt es eine ungünstige On-/off-Bewegung und die wirkt sich erschwerend auf den Neubeginn aus. Wenn Sie am Montag entschlossen sind zu kündigen und am Mittwoch wieder Abstand davon nehmen, dann verlängert sich die unangenehme und kräftezehrende Zwischenphase. In einem erschöpften Zustand findet sich die Alternative nicht leichter.

Also: Wenn ab Sonntagnachmittag Ihre Stimmung in den Keller rutscht und Sie jeden Montag noch empfindlicher auf Ihren Chef reagieren als in der Woche vorher – dann fragen Sie sich:

Warum will ich weg?
Aus Flucht, oder weil es wirklich nicht mehr passt?

Wenn es eine Flucht ist, dann stellen Sie sich dem Thema, sonst besteht die Gefahr, dass es an einem anderen Ort nicht besser wird. Das ist vergleichbar mit der Frau, die sich fünfmal auf einen Mann einlässt, der sie schlägt (dieses Beispiel gibt es natürlich auch umgekehrt).

Wenn es aber wirklich nicht mehr passt, dann sollten Sie etwas ändern. Eine belastende Situation darf nicht ewig weitergehen, denn das würde Sie krank und mürbe machen. Ich empfehle in belastenden Situationen immer innere Arbeit. Mit innerer Arbeit ist gemeint, dass ich bei einem Trigger von außen erst einmal bei mir schaue, warum mich das so tangiert. Es gibt also einen Anlass, eine Suche nach Berührungspunkten im Inneren, dann gibt es eine Erkenntnis und dann einen Prozess danach, während dessen man die neue Erkenntnis in den Alltag integriert. Zu innerer Arbeit werde ich noch eine separate Abhandlung schreiben. Innere Arbeit ist eine Möglichkeit, den Ereignissen im Leben zu begegnen, ein Weg, durch den Authentizität und Lebendigkeit stärker werden. Dann muss man sich nicht mit belastenden Situationen abfinden.

Und sollten Sie sich für eine Veränderung entscheiden, dann stecken Sie Ihre Energie in die Alternativen, nicht in das Bestehende. Worauf jemand seine Gefühle und Gedanken verwendet, beobachtet man bei anderen sehr leicht.

Denn worüber sprechen Menschen, die sich mit einem beruflichen Wechsel beschäftigen, zum Beispiel in einem Beratungsgespräch? Sprechen Sie emotional über die Situation, die nicht mehr passt oder sprechen Sie emotional über ihre Wünsche? Sie ahnen es richtig: Über ihre Träume sprechen sie kaum. Sie sprechen mehr über die äußeren Umstände, weil sie diese Umstände als ursächlich für ihre Probleme ansehen. Die äußeren Umstände sollen sich ändern, damit die Arbeit wieder schöner wird.

Als ich einmal in dieser Lage war, ging es mir genauso. Ich wusste zwar, dass sich die Innenwelt in der äußeren Welt spiegelt – nur hatte ich keine Erfahrung, wie ich dieses Wissen auf die berufliche Situation anwenden kann. Als ich noch Jugendliche war, folgte ich immer meinem Gefühl und dachte gar nicht lange nach. Als Erwachsene war mir diese Sicherheit abhanden gekommen. Es war ein leiser und schleichender Prozess. Ich bin vernünftig geworden und habe das für gut befunden. Meine vernünftige Vorgehensweise brachte mich beruflich sehr weit –  bis ich mich gefragt habe: Bin ich eigentlich der Mensch geworden, der ich damals als Jugendliche werden wollte?

In einem Seminar sollten die Teilnehmerinnen einmal ein Foto von sich selbst aus jungen Jahren mitbringen, aus einer Zeit, als die Lebensträume noch gewagt waren. Wir sollten das Foto mit freundlichen Augen ansehen und dann aufschreiben, was wir diesem jungen Selbst versprechen möchten. Danach sahen wir uns nicht nur selbst anders als vorher, wir sahen auch die anderen Teilnehmerinnen mit anderen Augen. Keine von uns zögerte auch nur einen Augenblick an der Wahrhaftigkeit der Träume von damals.

Würden Sie mir heute gegenübersitzen und über Ihre Gedanken und Ihre Situation sprechen, meine ganze Beobachtung würde sich darauf richten: Was fühlen Sie und wo vertrauen Sie sich nicht? Denn wenn Sie sich vertrauen, fragen Sie nicht mehr, ob sie wechseln sollen. Sie suchen auch keine Gründe. Sie handeln danach, auch wenn Ihnen noch nicht klar ist, wohin das alles führen wird. Mit dem Vertrauen in einen eindeutig klaren Impuls aus Ihrem Innern kommt automatisch aus das Vertrauen in ein gutes Gelingen; die beiden Gefühle sind wie beste Freunde, unzertrennlich.

Auch wenn Sie sich heute innerlich entscheiden, müssen Sie nicht sofort tätig werden. Das Leben als Erwachsener ist vielschichtig; die Auswirkungen betreffen einen nicht allein. Trotzdem sollten Sie Ihre Aufmerksamkeit von Stund‘ an auf das Neue ausrichten und so wenig Energie wie irgend möglich in die bestehende Situation stecken. Keinen Widerstand gegen das Alte, keine Beweise sammeln, dass die anderen wirklich unfähig sind und auch keine Situation heraufbeschwören, die Sie zum Handeln zwingt.

Es wird eine Weile dauern, bis das Ergebnis greifbar ist. Aber Sie können sich heute dazu entscheiden. Und zwar vollständig mit Haut und Haar. „Ich lasse das jetzt auslaufen. Es ist vorbei!“ Wenn dieser erste Schritt getan ist, wird extrem viel Lebensenergie freigesetzt. Dann ändern sich Ihre Gefühle und Gedanken und dann auch die Handlungen.

Wenn Sie darauf achten, wo Ihre Interessen und Neigungen Sie hinziehen, kann nichts schiefgehen. Es finden sich immer Wege. Man muss sie vorher nicht kennen. Man kann das dem Leben überlassen, in welcher Form sich da etwas Neues entwickelt.

Also folgen Sie dem, wo es Sie hinzieht, zunächst nur im privaten Bereich. Wie Sie dabei vorgehen könnten, beschreibt das nächste Kapitel.